Reise mit dem BMW i3 Elektroauto von Bern nach Stresa, Turin, Genua, Cinque Terre, Parma und zurück.

In diesem Reisebericht geht es hauptsächlich darum, anderen Fahrern und Fahrerinnen von Elektroautos diese Gegend in Italien mit Fokus auf das Unterwegs-Sein näherzubringen.
Wem das zu lange ist, der darf hier mein Fazit schon vorab erfahren: Für unbeschwertes Reisen mit dem Elektroauto, so wie mit einem fossil angetriebenen Fahrzeug, ist es für Italien noch zu früh. Die Ladeinfrastruktur an den Autobahnen fehlt vollkommen, die Zuverlässigkeit der Funktion bestehender Ladesäulen ist eindeutig zu gering und die Anzahl und Komplexität verschiedener Systeme und Anbieter zu gross. Viel Ärger machte mir ausserdem das Navigationssystem, welches offenbar nicht für italienische Altstadt-Gässchen konzipiert wurde.

Konklusion: Wer keinen Spass an Routenplanung hat und lieber spontan mal abseits der Autobahn auf Entdeckungstour geht, möge Norditalien noch etwas Zeit geben oder ein fossil angetriebenes Fahrzeug verwenden.

Es geht streng chronologisch zu und her in diesem Bericht. Seit März 2018 habe ich den i3 und habe noch nie öffentlich geladen. Mir ist bewusst, dass Italien nicht gerade das Heimatland des elektrischen Aufladens ist, deshalb habe ich mich vorbereitet und unsere Reise minutiös geplant. Es ist mir auch bewusst, dass es zu Überraschungen kommen kann.

Geplant habe ich die Reise mit den Apps Chargemap und Plugshare, ausserdem habe ich bei Duferco einen Account eröffnet (Danke an Stefan von EVzone) was gar nicht so einfach war, weil man nachher noch per E-Mail Verträge unterzeichnen muss (und an Duferco senden, die dann dort im Spam-Ordner landen) um eine RFID Karte zu erhalten (bzw. zu spät). Man sollte das also schon 2 Wochen vier Wochen vorher in Angriff genommen haben. Seit dem 5. Mai gibt es endlich auch eine touristentaugliche App für ENEL, welche eines der grössten Netze in Italien betreibt:
„Enel X Recharge, disponibile gratuitamente su tutti gli store Android e iOS.“

Der Reiseplan.

Der Plan: Wir fahren von Bern nach Kandersteg, verladen dort das Auto nach Iselle de Tasquiera und von dort zu Freunden nach Stresa, wo wir übernachten werden. Ich gehe davon aus, dass wir dort an die Haushaltssteckdose können.

Da es im ganzen Tal bis weit in Richtung Turin nur eine einzige Aufladestation hat (Gravellone Toce), ist mir das zu unsicher. Deshalb habe ich geplant, dass wir als erstes vor dem Autoverlad in Kanderstag Essen gehen. Und zwar in einem Restaurant, welches eine Ladestation hat. So können wir danach beruhigt wenigstens bis Novara fahren.

Allerdings gibt es zwischen Genua und Parma via Cinqueterre nur in La Spezia Aufladestationen. Auf dieser Strecke wird es knapp werden, weshalb ich die Besitzerin des Hotels in Manarola gebeten habe, sie möchte doch mal schauen, ob es im öffentlichen Parkhaus des Ortes (der autofrei ist) eine Steckdose habe. Bis jetzt habe ich die Antwort erhalten, dass sie mal schauen werde. Immerhin.

Wenn das klappt, sollte der Rest der Strecke kein Problem sein. Ich bin gespannt.

— ab hier folgt der Reisebericht —

Erster Tag: Bern – Kandersteg – Stresa (Baveno)

Um Zeit und Reichweite zu sparen, entschlossen wir uns, im Hotel Doldenhof in Kandersteg Mittag zu essen und aufzuladen. Mit Adolf Ogi, Franz Steinegger und Ehefrauen am Nebentisch war es etwas Spezielles…

Aufladen war kostenlos, nach 120 Minuten war der Akku wieder voll – und die Bäuche auch (hervorragendes Restaurant!).

Danach fanden wir über Umwege zurück zum Autoverlad, brav wie wir sind, ein Stunde vorher (wie auf dem Ticket beschrieben). Das war ein Fehler, denn 59 Minuten hätten wir uns bei diesem Andrang (wir waren 4 Autos) sparen können. Die Fahrt in einem Autozug war ebenfalls einmalig, das Wetter im Wallis super, in Iselle allerdings schüttete es wie aus Kübeln.

Die Fahrt nach Baveno zu unseren Freunden war bis Baveno problemlos, allerdings schickte uns das Navi durch so enge Gassen, dass wir das Handtuch warfen und uns von unseren Freunden abholen lassen mussten.

Am Abend gingen wir mit 2 Autos Essen und luden den i3 beim Lidl kostenlos auf. Danke Lidl! (Leider war es stockdunkel und dementsprechend gibt es hier kein Bild).
Hier der Link auf die Ladestation. Bei den Freunden konnten wir leider nicht aufladen, weil offenbar in Italien die Leitungen standardmässig dünner sind als bei uns…

Zweiter Tag: Baveno – Turin mit geplantem Zwischenhalt im Shoppingparadies Vicolungo.

Da das Wetter einen Ausflug auf die Isola Bella nicht wirklich vielversprechend machte, fuhren wir direkt zum Fashion Outlet Vicolungo auf halber Strecke nach Turin. Das finden der Tanksäule war auf dem riesigen Parkplatz nicht einfach, aber dann klappte alles problemlos. Wie immer waren wir die einzigen mit einem Elektroauto, kabelten an und mit der Enel App wurde der Ladevorgang problemlos gestartet. Dass dies für eine Weile das letzte Mal sein sollte, dass es problemlos klappt, war mir zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst. Sonst hätte ich diesen Moment mehr genossen.

Am späten Nachmittag ging es weiter nach Turin. Ich hatte das Hotel so ausgewählt, dass es sehr nahe bei einer Aufladestation und im Zentrum liegt. Das Hotel Principi di Piemonte war grossartig, allerdings funktionierte die ENEL Ladestation nicht, weder mit der App noch mit dem Plugsurfing Badge. Da ich noch nicht erfahren mit dem Nicht-Funktionieren war, verlor ich eine halbe Stunde, bis ich aufgab und mir eine andere Ladestation suchte, wo es zwei Parkplätze gab. Auf einem stand – natürlich – ein ganz normales Benzinauto. Ich beschloss nach dem ganzen Ärger, den Wagen bis am nächsten Tag am Kabel zu lassen und stellte die These auf, dass die hiesigen Kleinkriminellen sicher Angst vor Elektroautos hätten. Meine These bewahrheitete sich, der Wagen stand 12 Stunden später immer noch unbehelligt an der Ladestation:

Dritter Tag: Turin – Genua

Da ich eher vorsichtig bin und die Aussicht auf einen Abschleppwagen nicht besonders verheissungsvoll finde, entschloss ich mich, unseren Weg via Tortona zu nehmen (und es nicht zu riskieren, 180 km durchzufahren), da es dort mehr Ladestationen (4) hat als auf anderen möglichen Zwischenstationen (durchschnittlich 0). Ich mache es kurz: 4 Ladestationen in Tortona, 3 haben nicht funktioniert (2x Enel wie in Vicolungo, 1 EVPass), eine war noch gar nicht in Betrieb (siehe Bild links, beim Supermakrt in Tortona). Auch ein nahe gelegenes Feinschmeckerrestaurant erklärte mir am Telefon, dass ihre Ladestation im Moment nicht funktioniere, aber im Sommer dann wahrscheinlich vielleicht eventuell dann doch zeitweise wieder, ich solle doch dann nochmals kommen.

Schlussendlich sind wir wieder mal in einem Fashion Outlet Dorf südlich von Tortona gelandet. Dort gab es 4 freie Zapfsäulen (also alle), und man musste sich am Informationszentrum melden, irgendwas unterschreiben, dann kam der Abwart und setzte die Anlage in Betrieb. Immerhin gratis. Zwei Stunden später ging es dann weiter nach Genua.

In Genua am Hafen hat Duferco ihren Hauptsitz. Duferco will neben ENEL ein Major Player im Aufladebusiness werden. Also sind wir dort hin. Zufälligerweise lag unser Hotel ganz in der Nähe (nein, das war natürlich so geplant).

Erstens funktionierte die Station auf Anhieb, zweitens lieferte sie mit CSS genug Saft, um dem Wagen in 30 min. wieder auf 100% zu bringen und drittens trafen wir zu unserer Überraschung einen BMW i3 Bruder. Der Chef des Hafens (und Fahrer des i3) war sehr freundlich und meinte, er könne auch morgen laden…

Genua selbst war übrigens für unseren Geschmack zu eng, die Gassen dort sind oft kaum so breit, dass zwei Menschen an einander vorbeikommen. Nachts und mit Rollkoffer etwas beklemmend…

 

Vierter Tag: Genua – Manarola (Cinque Terre) via la Spezia

In einem Forum fand ich den Hinweis, dass es in La Spezia im Zentrum ein Parking mit 4 Ladestationen gäbe. Wir gingen dem Hinweis nach und so war es denn auch. Keine unserer Apps (z.B. Chargemap) verzeichnete diese Station korrekt, aber das Laden war grossartig. Kaum angekommen, kam schon der Abwart und zusammen setzten wir den Ladevorgang in Betrieb. Es gab da zwar eine detaillierte gedruckte und angeschlagene Anleitung, aber natürlich und wie immer nur auf italienisch – so gut ist meins dann doch nicht.

Die Infos habe ich inzwischen bei Chargemap nachgereicht. Danach ging es weiter nach Manarola, wo wir eine Nacht im malerischen Küstendörfchen verbrachten (zusammen mit 4.8 Mio anderen Touristen…). Übrigens: In Manarola bzw. Cinque Terre gibt es keine Lademöglichkeit, soweit ich weiss.

Fünfter Tag: Manarola via La Spezia nach Parma

Das Navi brachte uns – trotz Warnung wegen zeitliche beschränktem Fahrverbot in der Innenstadt – sicher und schnell ans Ziel, Parma. 10 Meter vom Hotel Button entfernt gab es eine Ladestation, die sogar funktionierte (ENEL). Das Personal im Hotel meinte, dass die der Gemeinde gehöre (bzw. für sie reserviert sei) und sie wüssten halt auch nicht. Kann ich verstehen, wir haben ausser 2 Teslas und einem i3 kein elektrisches Fahrzeug in ganz Italien gesehen. Auf alle Fälle war damit die Herausforderung des Tages abgehakt und wir widmeten uns ganz der Stadt, die mich sehr positiv überraschte – sicher, freundlich, viel Veloverkehr, viel Fussgängerzone, viel Kulturdenkmäler, viel Lebensfreude. Und das Essen war natürlich auch prima in Parma.

Sechster Tag: Parma via Piacenza nach Assago bei Mailand

Nach dem uns das Navi am nächsten Morgen durch Gassen lotsen wollte, die sowohl zu eng als auch noch Senso Unico (in die andere Richtung) waren, fuhren wir nach Instinkt einfach aus der Altstadt und in eine Stunde nach Piacenza. Hätten wir gewusst, dass die Enel-Ladestation am Südostrand des Altstadrings nicht funktionieren werde, wären wir wohl direkt ins Zentrum gefahren. Nach der Fahrverbotserfahrung (und weil wir dort kein Hotel hatten, welches für uns das Fahrverbot hätte aufheben können), liessen wir den Wagen trotzdem dort zurück und erkundeten Piacenza zu Fuss.

((Lädt nicht, tut nur fürs Foto so))

Piacenza war so etwas wie die kleine Schwester von Parma. Wir beschlossen, dass wir es gesehen hatten und fuhren weiter nach Assago, welches uns als strategische Aufladestation vor der Rückreise in die Schweiz diente. Assago ist ein Unort, der für Kongresse, Ausstellungen und Konzerte dient. Und zum Aufladen.

Immerhin die zweite Station (Carrefour war out-of-order) von Enel funktionierte tadellos. Wir überbrückten die Zeit im Shoppingcenter, welches ich klar nicht empfehlen kann. Nicht mal anständig essen kann man da. Ok, im Hotel Royal Garden war es dann auch nicht besser, nur teurer.

Sechster Tag: Assago – Bern via Gotthard und Luzern.

Vollgetankt abgefahren meldete das Navi, dass es nicht ganz bis Stalvedro (Südportal Gotthard Autobahnraststätte mit GoFast Schnellladestation) reichen werden. Also kauften wir noch kurz an der Raststätte Bellinzona Süd ein und tankten in einer Viertelstunde 25% unseres Akkus:

 

 

Das Kabel in Stalvedro hätte ruhig noch 50 cm länger sein dürfen.

Nach dem Kaffee und ein wenig Wartezeit ging es nach einer Stunde vollgetankt bis nach Bern. Sage und schreibe 213 km reichte der Akku für die letzte Strecke. Hätte es nicht in Lyssach und im Grauholz Aufladestationen, hätte ich mich das nicht getraut. Und ja, es ging natürlich mehr runter als rauf.

Was ich sonst noch sagen möchte:

  • Isola Bella werden wir nachholen, allerdings ist der Zug ab Bern dorthin unschlagbar.
  • Turin hat uns sehr gefallen, da gehen wir nochmals hin, min. 2-3 Nächte. Und wir werden nicht den Autoverlad nehmen, da man unter dem Strich mehr Zeit und Geld liegen lässt.
  • La Spezia ist besser und schöner als sein Ruf. Die Altstadt ist besuchenswert.
  • Die Planung vor der Reise hat mich ca. 10 Stunden gekostet, die täglich Feinplanung nochmals je eine Stunde. Die Frustration über nicht funktionierende Stationen, die Telefonate mit ausschliesslich italienisch sprechenden Kundendiensten (ich hätte ja englisch, französisch, spanisch und deutsch im Angebot gehabt), die nicht rechtzeitig eingetroffene RFID Karte von Duferco usw. sind ein Teil der Geschichte. Vom Zeitverlust ganz zu schweigen.
  • Der andere Teil der Geschichte ist, dass es in Italien keine Ladestationen an Autobahnraststätten oder Tankstellen gibt und kaum in Parkhäusern in der Stadt. Lediglich Fashion Outlets scheinen begriffen zu haben, wie man sich die Verzweiflung von Elektroautofahrern und Beifahrerinnen zu Nutze macht…
  • Enel X Recharge App ist unverzichtbar, Duferco sicher eine gute Ergänzung, EVPass sicher nicht schlecht, Plugsurfing und Chargemap haben mir nichts gebracht. Chargenow ist in Italien nicht vertreten.
  • Das dauert noch eine Weile, bis Italien so weit ist. Aber das war ja damals bei der Einführung vom Bleifreibenzin auch nicht anders.
  • Die Reichweite ist nicht das zentrale Problem in Italien. Egal ob man 200 km oder 500 km Reichweite hat, am Schluss zählt immer, ob man auf den letzten 30 km eine funktionierende Ladestation findet oder nicht.
  • Anfangs fand ich den BMW i3 zu teuer für das, was er ist, ein Kleinwagen. Heute finde ich, dass das Auto seinen Preis absolut wert ist, da die Fahreigenschaften, das Ladevolumen, die Zuverlässigkeit, die Kraft, der Komfort u.v.a.m. absolut überdurchschnittlich sind. Und ich empfinde den i3 nur noch von aussen als Kleinwagen. Für ein Paar bietet der Wagen absolut genügend Platz.
  • Lektionen gelernt: Ich weiss heute viel mehr, traue meinem Akku mehr zu (200 km gehen immer), finde den BMW i3 je länger je besser (ausser das Navi in engen Zentren) und hätte diese Reise sowieso nicht mit einem fossilen Fahrzeug gemacht, weil ich keins besitze. Dass es ein Abenteuer wird, wusste ich. Es gab keine Notfälle und ich blieb nie liegen, weil ich immer noch einen Plan B, C, D und E hatte. Und die Freundlichkeit, das gute Essen, die schönen Städte und die Hilfsbereitschaft der Italiener lassen mich den Aufwand schnell vergessen.

5 Gedanken zu „Reise mit dem BMW i3 Elektroauto von Bern nach Stresa, Turin, Genua, Cinque Terre, Parma und zurück.

  1. Vielen Dank für diesen informativen Bericht. Momentan braucht es tatsächlich noch einiges an Planungsarbeit um durch Italien zu kommen. Aber der Bericht zeigt: es geht! Ich werde bei meiner nächsten Italien Reise schauen dass ich ebenfalls einen Zugang zu den Enel Säulen erhalte. Das dürfte es dann noch etwas entspannter machen. Weiterhin gute Fahrt!

  2. Hallo, ich sitze derzeit in La Spezia ( noch nicht fest ) und kann den Ladevorgang dort nicht starten. Parkticket eingelesen, Kabel angesteckt, und rotes „Werkzeug-Signal erhalten. Lade einen Hyundai Kona 64 kW, kann es sein, dass es daran liegt, dass ich nur einphasig laden kann ? Den Wart könnte ich bislang nicht ausfindig machen, wo sitzt der, hab schon alle möglichen Leute gefragt, niente. Danke für einen Tipp. Liebe Gruesse Gernot

  3. Schöne Geschichte. Italien ist sicher eine Herausforderung. Wir waren im Sommer 2019 in Südtirol. Das Hotel hatte einen Destination Charger und so konnten wir unten Kona Electric super immer über Nacht laden. Ende April / Anfang Mai wollen wir eine Reise mit Hotelplan / Better Planet Tours machen. Wir werden sicher ENEL X als App nehmen. Chargemap ist auch heute nur sporadisch vertreten. Plugsurfing hilft nicht. EVpass muss ich mir mal ansehen. Mal sehen wie es raus kommt. Wir fahren mit max. 12 Fahrzeugen und haben eine erfahrene Reiseleitung (Louis Palmer von der Wave).

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